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Bettina Allamoda


Wer ins Unbekannte vorstoßen will, scheint heute kaum auf technische und wissenschaftliche Perfektheit bauen zu können, als vielmehr gegen die Macht der Konditionierungen ankommen zu müssen. Diese werden allerdings nicht zuletzt durch das System der Medien und der Kunst mehr und mehr genormt.
Bettina Allamoda setzt deshalb an einem für heutige Künstlerinnen ungewöhnlichen Punkt an. Sie situiert ihre durch aktuelle Ansatze der Medienkritik inspirierte Arbeit in einem Gebäude, das der Ausstellung technoider Träume dient. Das Carl-Zeiss-Großplanetarium im Osten Berlins stellt in dem Bild, das die Metropole heute von sich selbst zu zeichnen versucht, einen Fremdkörper dar. Schon deshalb eignet es sich für einen Hinweis auf die vieldeutige Figur des „Alien”, die in Allamodas Werk eine wichtige Rolle spielt. Aber es geht dabei um mehr als nur ein Zeichen zu verwenden. Zeichen lassen sich ebenso leicht in eine schon geordnete Sprache integrieren, wie neue Objekte sich der Norm des Museums oder des Kunstsystems anpassen. Hier handelt es sich dagegen nicht nur um ein Objekt, sondern um eine komplexe eigene Ordnung, die – aufgrund der historischen Ereignisse in sich gebrochen – durch einen konzeptuellen Eingriff zu neuem Leben erweckt werden kann.
Im Zentrum von Allamodas „Besetzung” steht eine monumentale Multivisions-Show, die in der 25-Meter-Kuppel projiziert wird. Dort wo sonst der faszinierte Blick der Zuschauer von der simulierten Tiefe des Universums aufgesogen wird, erscheinen jetzt Bilder, die irgendwann einmal unser Begehren nach fernen Welten ausgelöst haben könnten. Was Stanislaw Lem und Andrej Tarkowski in „Solaris” für die individuelle Psyche heraufbeschworen haben, wird hier in Richtung unseres medialen Unbewußten verschoben. Eine relativ kurze Bild- und Tonschleife, die sich immer wiederholt, versetzt Bilder vom Challenger-Desaster 1986 in die Umgebung von Disneyland, und vermischt Szenen aus D.W. Griffith Monumentalfilmen „Birth of a Nation” und „Intolerance” mit der ersten bemannten Mondlandung in einer überdimensionalen Collage.
Diese virtuelle Welt mit dem Titel „Toy, Cult & Aerospace” entfaltet ihren besonderen Sinn in der Wechselwirkung mit der heterogenen Codierung des Ortes. Wie im Inneren einer monströsen Gehirnschale scheint hier ein Traum immer wiederholt zu werden, und einen tiefen Schlaf zu bewirken. Ist das eine Art Zeitmaschine, die uns in ein Stadium zurückversetzt, wo die Bilder noch stagnierten? Für die Betrachter führt diese Frage dazu, sich in den anderen Teilen des Gebäudes umzusehen.
Videomonitore, Glasvitrinen und ein „astro-shop” sind in die subtile Inszenierung von „Andersheit” verwickelt. Als Fremdkörper im gewohnten Bild tauchen etwa übertrieben naiv gestaltete „Aliens” auf, die die Palette intim-familiärer Konnotationen des Phantasmas ins Spiel bringen. Daneben akzentuieren „Souvenirs” aus der heroischen Epoche der russischen Raumfahrt die Spannung zwischen damals und heute gerade auch durch ihre kontrastierende Banalität. Ihre Recherchen nach dieser ambivalenten Mischung aus dekorativer Naivität und historischer Distanz stieß Allamoda schließlich auf Material für ein Anschlußprojekt.: im Kunstraum München nahm sie die Dekorationsfragmente einer ausgedienten Installation des Optischen Museums in Jena und baute daraus neue dysfunktionale Objekte. „Memorabilia, Science & Fiction”, so der Titel des ganzen Projekts, steht für einen modus operandi, der womöglich auch in Zukunft nicht auf einen normalen Nenner zu bringen sein wird.

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Michael Hauffen

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